Allgemeine Regeln für eine Praxis der Nachhaltigkeit

Auszüge aus:
STICHWORT NACHHALTIGKEIT
DIE ERGEBNISSE DER ENQUETE-KOMMISSION „SCHUTZ DES MENSCHEN UND DER UMWELT. ZIELE UND RAHMENBEDINGUNGEN EINER NACHHALTIG ZUKUNFTSVERTRÄGLICHEN ENTWICKLUNG“
IM 13. DEUTSCHEN BUNDESTAG
Berlin, Mai 2000

Fünf Managementregeln für eine nachhaltige Entwicklung

  1. Die Abbaurate erneuerbarer Ressourcen (z. B. Holz) soll ihre Regenerationsrate (die Möglichkeit, in gleichem Umfang nachzuwachsen) nicht überschreiten. Dies entspricht der Forderung nach Aufrechterhaltung der ökologischen Leistungsfähigkeit, d. h. (mindestens) nach Erhaltung des von den Funktionen her definierten ökologischen Realkapitals.
  2. Nicht-erneuerbare Ressourcen (wie Erdöl, Erdgas, etc.) sollen nur in dem Umfang genutzt werden, in dem ein physisch und funktionell gleichwertiger Ersatz in Form erneuerbarer Ressourcen oder höherer Produktivität (bzw. Ausbeute) der erneuerbaren sowie der nicht-erneuerbaren Ressourcen geschaffen wird.
  3. Stoffeinträge (Einwirkungen durch Schadstoffe, organische Substanzen, chemische Verbindungen etc.) in die Umwelt sollen sich an der Belastbarkeit der Umweltmedien (Luft, Boden, Wasser) orientieren, wobei alle Funktionen zu berücksichtigen sind, nicht zuletzt auch die „stille“ und empfindlichere Regelungsfunktion.
  4. Das Zeitmaß anthropogener (vom Menschen verursachter) Einträge bzw. Eingriffe in die Umwelt muss im ausgewogenen Verhältnis zum Zeitmaß der für das Reaktionsvermögen der Umwelt relevanten natürlichen Prozesse stehen.
  5. Gefahren und unvertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit durch anthropogene Einwirkungen sind zu vermeiden.

 

Ökonomische Nachhaltigkeitsregeln

  1. Das ökonomische System soll individuelle und gesellschaftliche Bedürfnisse effizient befriedigen. Dafür ist die Wirtschaftsordnung so zu gestalten, dass sie die persönliche Initiative fördert und das Eigeninteresse in den Dienst des Gemeinwohls stellt, um das Wohlergehen der derzeitigen und künftigen Bevölkerung zu sichern. Es soll so organisiert werden, dass es auch gleichzeitig die übergeordneten Interessen wahrt.
  2. Preise müssen dauerhaft die wesentliche Lenkungsfunktion auf Märkten wahrnehmen. Sie sollen dazu weitestgehend die Knappheit der Ressourcen (z. B. der endlichen Rohstoffvorkommen, aber auch der endlichen Aufnahme- und Verarbeitungsfähigkeit der Natur für Schadstoffe, z. B. in Form des zur Verfügung stehenden endlichen Deponieraums), Produktionsfaktoren, Güter und Dienstleistungen wiedergeben.
  3. Die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs sind so zu gestalten, dass funktionsfähige Märkte entstehen und aufrechterhalten bleiben, Innovationen angeregt werden, dass langfristige Orientierung sich lohnt und der gesellschaftliche Wandel, der zur Anpassung an zukünftige Erfordernisse nötig ist, gefördert wird.
  4. Die ökonomische Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft und ihr Produktiv-, Sozial- und Humankapital müssen im Zeitablauf zumindest erhalten werden. Sie sollten nicht nur vermehrt, sondern vor allem auch qualitativ ständig verbessert werden. Dies erfordert u. a. dauerhafte Bildungs- und Qualifizierungsanstrengungen.

 

Soziale Nachhaltigkeitsregeln

Soziale Nachhaltigkeit betrifft die Sozialordnung, d.h. den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Leistungsfähigkeit, zu diesem Zusammenhalt beizutragen.

  1. Der soziale Rechtsstaat soll die Menschenwürde und die freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie Entfaltungschancen für heutige und zukünftige Generationen gewährleisten, um auf diese Weise den sozialen Frieden zu bewahren.
  2. Jedes Mitglied der Gesellschaft muss entsprechend seiner Leistungsfähigkeit einen solidarischen Beitrag für die Gesellschaft leisten.
  3. Jedes Mitglied der Gesellschaft erhält Leistungen von der solidarischen Gesellschaft:
    • entsprechend geleisteter Beiträge für die sozialen Sicherungssysteme,
    • entsprechend seiner Bedürftigkeit, wenn keine Ansprüche an die sozialen Sicherungssysteme bestehen.
  4. Die sozialen Sicherungssysteme können nur in dem Umfang wachsen, indem sie auf eine gestiegene Wirtschaftskraft zurückgehen.
  5. Das in der Gesellschaft insgesamt und in den einzelnen Gliederungen vorhandene Leistungspotential soll für künftige Generationen zumindest erhalten werden.

Auszüge aus:
STICHWORT NACHHALTIGKEIT

DIE ERGEBNISSE DER ENQUETE-KOMMISSION
„SCHUTZ DES MENSCHEN UND DER UMWELT.
ZIELE UND RAHMENBEDINGUNGEN EINER
NACHHALTIG ZUKUNFTSVERTRÄGLICHEN ENTWICKLUNG“

IM 13. DEUTSCHEN BUNDESTAG

Berlin, Mai 2000

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