Das „Haus der Caplaney“ in Roßtal

Zweites Evang.-Luth. Pfarrhaus - Roßtal

Zum Bild der sehenswerten historischen Bebauung am Oberen Markt zählt auch das früher als „Haus der Caplaney“, heute als zweites Pfarrhaus bezeichnete Gebäude in der Rathausgasse.

Die Westfront des Hauses steht auf dem Fundament des Mauerrings, der den ehemaligen Wehrfriedhof schützte, und zeigt dem Beschauer eine aus Sandsteinquadern aufgeführte Fassade; die Hof- und die Straßenseiten dagegen, bieten das dekorative Bild fränkischen Fachwerks.

Dieses zeigt deutlich die Stilmerkmale des späten 17. Jahrhunderts, das als die Blütezeit des Fachwerkbaues in Franken gilt, und das Jahr 1698/99 ist in der Tat das Jahr der Errichtung dieses Gebäudes.

Zur Größe und Bedeutung des sich streng und trutzig zeigenden gut 300 Jahre älteren ersten Pfarrhauses – es galt schließlich auch als Bollwerk des ehemaligen wehrhaften Ringes um die Kirche und den Friedhof – zeigt sich dieses barocke zweite Pfarrhaus mit seinem kleinen Vorgarten gut bürgerlich, ja freundlich einladend. So spiegeln diese beiden Bauwerke nicht nur Stilunterschiede wider, sondern lassen auch erkennen, dass sie aus unterschiedlichen Erfordernissen heraus errichtet wurden.

Für eine Landpfarrei sind zwei Pfarrhäuser wohl bemerkenswert, und deshalb wird nicht selten von interessierten Besuchern Roßtals die Frage nach dem Grund hierfür gestellt. Roßtal gilt als Urpfarrei und hat noch heute einen weitumgreifenden Pfarrbereich mit 16 Ortsteilen. Bis teilweise in das 18. Jahrhundert hinein umfasste der Pfarrsprengel mehr als 30 Ortschaften, die zum Teil weit vom Pfarrort entfernt lagen. So zählte z. B. im Südosten das zwei Wegstunden von Roßtal entfernte Dorf Wildenbergen noch zur Pfarrei und ebenso entfernt zur Pfarrkirche – und ähnlich weitem Kirchenweg – waren eine Reihe von Dörfern im Nordosten/Nordwesten, um nur Banderbach und Schwaighausen zu nennen. Zum Pfarrbereich gehören außerdem, neben der Pfarrkirche, seit Jahrhunderten eine Filialkirche in Buchschwabach und je eine Kapelle in Buttendorf und Weitersdorf. Sie werden seit ältesten Zeiten, bis auf den heutigen Tag, von den Geistlichen des Pfarrorts gottesdienstlich versorgt. Wie älteste Aufzeichnungen berichten, standen deshalb in Roßtal, dem Pfarrstelleninhaber, als dem ersten Seelsorger, immer Kapläne zur Seite, zu deren Aufgaben vorwiegend die Betreuung der Filialkirche und der Kapellen in den Außenorten zählten. In der vorreformatorischen Zeit war die Wohnung des Pfarrers und die mindestens eines Kaplans im mächtigen ersten Pfarrhaus, während dem Frühmess-Priester in Buttendorf, als einem Benefiziaten, dank einer zur Ägidius/Jakobus-Kapelle gehörenden Stiftung, ein eigener „Pfarrhof“ zur Verfügung stand.

Erst mit der Reformation, als auch die Anzahl der Kapläne bis auf einen verringert und das Gebot der Ehelosigkeit für die evangelischen Prediger aufgehoben wurde, war es erforderlich, für den zweiten Geistlichen in Roßtal mit seiner Familie, oder wie er noch bis weit in das 19. Jahrhunderts hinein in alter Überlieferung bezeichnet wurde, für den Kaplan oder Diakon, eine eigene Wohnstätte zu schaffen.

Die Frühmess-Stiftung in Buttendorf dagegen und damit auch die Stelle des Benefiziaten wurden 1536 vom Markgrafen eingezogen. Die Verpflichtung des Frühmess-Priesters sollte von der „Caplaney“ in Roßtal mit übernommen werden. Der tägliche Gottesdienst, wie es der Sinn der Stiftung war, die im Jahre 1414 erstmals erwähnt und wahrscheinlich unter dem Patronat des Burggrafen von Nürnberg stand, entfiel. Die Anzahl der Gottesdienste pro Jahr beschränkte sich auf deren zwei. Der nicht mehr erforderliche „Pfarrhof“ wurde im Jahre 1562 zum gemeindlichen Hirtenhaus.

Im Jahre 1538, rund zehn Jahre nach dem Einzug der Reformation in Roßtal, ließ die über ein gutes Einkommen verfügende Pfarrei ein Wohnhaus für einen Kaplan errichten, das dort zu stehen kam, wo auch heute das zweite Pfarrhaus als Nachfolgerbau steht.

Wo in den 10 Jahren vor der Fertigstellung des „Hauses der Caplaney“ die unmittelbar nach 1528 hier tätigen, verheirateten Kapläne wohnten, ließ sich nicht ermitteln. Da in späteren Jahren jedoch einige Male bei Bauarbeiten als Ausweiche für den Pfarrer, wie für den Kaplan das „Schlößchen“ genannt wird, dürften sich die Wohnungen vor Errichtung des Kaplanshauses wahrscheinlich im Schloss befunden haben.

Haus der Caplaney - eingemeißelte Jahreszahl

Schriftliche Unterlagen über das erste Bauwerk des „Kaplanswohnhaus“ existieren leider nicht, aber einen Hinweis auf dieses gibt die in der Westwand des heutigen zweiten Pfarrhauses wenige Steinreihen über Erdniveau eingemeißelte Jahreszahl von 1538. Fast hundert Jahre stand dieses Gebäude, das während dieser Zeit 18 Kaplänen mit ihren Familien Wohnstätte war, bis es – nähere Angaben fehlen – im Jahre 1632, in den Geschehnissen des 30-jährigen Krieges, in Schutt und Asche fiel.

Der letzte Bewohner des Hauses war ein Kaplan Johann König, der im Jahre 1619 die Stelle in Roßtal antrat. Wir wissen von ihm, dass er verheiratet war und im Jahre 1632 zu seiner Familie sechs oder sieben Kinder zählten.

Aus dem Matrikelbuch der Pfarrei ist sein schreckliches Ende zu erfahren: „Herr Johann König, gestorben 2.6.1632 bei Ammerndorf, durch die Crabaten (Kroaten) niedergemacht und allererst nach 13 Wochen colligirt (aufgelesen) und daselbst begraben“.

Nach einer weiteren Eintragung starb, wenige Monate später im Oktober in Roßtal, auch seine Frau Apollonia (Nach einem anderen Vermerk sollen nicht nur die Frau, sondern mit ihr alle ihre Kinder im gleichen Jahr „in den Kriegsgräueln“ umgekommen sein).

Mit dem gewaltsamen Tode des Kaplans Johann König und der Einäscherung des Hauses endigte vorerst die Einrichtung der zweiten Seelsorgestelle in Roßtal. Der während der geschilderten Ereignisse hier eingesetzte Pfarrer:

Johann Balthasar Bernhold (1621–1639) und die Nachfolger: Paulus Christian Spiegel (1640–1642), Martin Kettner (1643–1659), Johann Stegmann (1660–1674), Johann Georg Vogtherr (1674–1697)

versuchten, so gut es die Umstände während des 30-jährigen Krieges und die noch lange anhaltenden unsicheren Jahre nach dem Friedensschluss von 1648 zuließen, nicht nur den Pfarrort, sondern auch die Filiale Buchschwabach und die Kapellenorte Buttendorf und Weitersdorf mit zu versorgen.

Gottesdienste waren damals in Buchschwabach jährlich drei, nämlich an „Stephani“ (26. Dez.), am Tage „Maria-Magdalena“ (22. Juli) und am Sonntag „vor Laurentii“ (Sonntag vor dem 10. August); in Buttendorf deren zwei, am Sonntag nach „Jakobi“ (Sonntag nach dem 25. Juli), sowie am Tage „Egidi“ (1. Sept.) und in Weitersdorf erstaunlicherweise fünf, so am Tage „Nicolei“ (6. Dez.), am Tage „Petri“ (29. Juni), am Tage „Martini“ (11. Nov.) sowie am Tage „Many“ (?), außerdem noch am Kirchweihsonntag „nach Egidi“.

Für jeden Außenort waren es zwar wenige Gottesdienste im Jahr, in der Summe jedoch insgesamt elf, die der Pfarrer in den Kapellorten hätte halten sollen, ungeachtet seiner Tätigkeit am Pfarrort Roßtal selbst. Dazu kamen ja noch die zentral für den gesamten Pfarrsprengel in Roßtal stattfindenden Akte wie Taufen, Eheschließungen und Begräbnisse. Im unheilvollen Jahr 1632, da die Pfarrei mit dem Pfarrort und den Außenorten mehr als 600 Tote durch die Kriegsereignisse zu beklagen hatte, ja auch lange nachher, werden es die Pfarrer kaum gewagt haben die Außenorte zu besuchen. Es gab überall Truppendurchzüge und marodierende Banden und nicht selten waren die Zeiten so gefährlich, dass die wenigen Überlebenden von Roßtal und die in den umliegenden Dörfern, einschließlich des jeweiligen Pfarrers, Schutz hinter den Mauern der Reichstadt Nürnberg oder in den umliegenden Wäldern suchten. Damit ruhte über eine längere Zeitspanne jedes religiöse Leben hier am Ort, aber besonders in den Kapellenorten.

Langsam kehrten nach dem Friedensschluss von Münster und Osnabrück 1648/49 wieder friedlichere Jahre ein und als der letztaufgeführte Pfarrer Johann Georg Vogtherr am 22. Oktober 1697 starb, bat wenige Tage später, am 2. November 1697, die Roßtaler Gemeinde das markgräfliche Consistorium um eine baldige Wiederbesetzung der Pfarr- aber auch der Kaplansstelle, letztere besonders deshalb, wie der Richter schrieb: „weil die Filialkirchen schlecht bedient worden seien“.

Das Consistorium in Ansbach musste sich nicht lange um die Wiederbesetzung der damals, kaum 50 Jahre nach dem Ende des 30-jährigen Krieges – im Vergleich zu anderen Pfarreien – wieder als einträglich geltenden Pfarrstelle Roßtal bemühen; für einen Kaplan war allerdings zuerst eine eigene Wohnstätte zu schaffen.

So stand das Problem der Finanzierung eines Neubaues an, das vom markgräflichen Consistorium recht einfach gelöst wurde: „… da die Pfarre über 1000 Gulden Erträgnisse habe, soll der neue Pfarrer nur 2/3 der Ordinari-Besoldung erhalten, 1/3 soll für den Wiederaufbau eines Kaplanshauses abgegeben werden“.

Im Dezember 1697 wird unter den Bewerbern um die Pfarrstelle Roßtal der Magister Ernst Georg Schülin ausgewählt und zur gleichen Zeit überträgt man dem Windsbacher Johann Strebel die Kaplanstelle.

(Magister Ernst Georg Schülin, nach seinen eigenen Angaben „etwas kränklich“, war vorher Pfarrer in Prichsenstadt. Er bewarb sich um die Stelle in Roßtal u. a. deshalb „… kann den sauren Wein in Prichsenstadt nicht vertragen, möchte eine Stelle, wo ein beständiger Trunk Bier zu haben“. Der ihm als Kaplan beigegebene 32-jährige Johann Strebel wurde vom Consistorium als „ein feiner, geschickter Mensch“ bezeichnet).

Im Januar 1698 muss Strebel, damals noch unverheiratet, seinen künftigen Amtsort Roßtal besucht haben, denn er schreibt an das Consistorium, dass „… vom Pfarrhaus außer Keller und Grund keine Spur“ (zu sehen sei) und die Jahresrechnungen der Pfarrei bestätigen dies: „Das Caplans-Hauß ist nicht gebaut, sind von solchem nichts als die bloße Brandstatt vorhanden, welches Neubau erfordert“.Grossansicht in neuem Fenster: Haus der Caplaney - zweites Pfarrhaus Westseite

 

Am 1. Februar 1698 legt die Gemeinde Roßtal einen aufgegliederten Kostenanschlag für die Wiedererrichtung des Kaplanshauses vor, der mit einem Betrag von 582 Gulden abschließt. Es ist zwar nicht näher erläutert, aber es scheint, dass das neue Pfarrhaus auf den teilweise noch bestehenden Kellermauern des 1632 abgebrannten Vorgängerbaues errichtet werden konnte.

Im Voranschlag sind die Abmessungen des Neubaues genannt, nämlich: 41 Schuh lang, 36 Schuh breit, was nach heutigem, metrischen Maß-System etwa einer Länge von 12,30 m und einer Breite von 10,80 m entspricht. (Eine Nachmessung ergab, dass die angegebenen Abmessungen bis auf wenige Zentimeter eingehalten wurden). Bemerkenswert ist der in der Kostenzusammenstellung angesetzte, für ein Fachwerkhaus typisch hohe Holzverbrauch. Allein 175 Baumstämme sind aufgeführt, dazu noch 266 Bretter und 180 Latten. So verwundert es nicht, dass die Lohnkosten für die Zimmermannsarbeiten mit 175 Gulden aufgeführt sind, was rd. 30 % der gesamten veranschlagten Bausumme entspricht. Das Holz sollte aus dem Buttendorfer Wald unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Über die Fertigstellung des Bauwerks finden sich keine Angaben. Obwohl Kaplan Strebel wie auch Pfarrer Schülin im Jahre 1698 ihre Stelle antraten, ist es eher unwahrscheinlich, dass im genannten Jahr das „Kaplanshaus“ schon bezugsfertig war.

Für den Holzschlag galt nämlich die Zeit von „Michaeli“ (29. September) bis „Sebastian“ (20. Januar) 1 und da man das Holz, ohne es abzulagern verbaute, kann eher angenommen werden, dass Johann Strebel erst im Jahre 1699 das neue Haus bezog.

Ein weiterer Hinweis mag diese Vermutung bestätigen: Am 16. November 1699 ehelichte der Kaplan eine Catharina Dorothea Welsch, wobei die Trauung am Wohnort der Braut in Berolzheim stattfand; danach wird wohl der Einzug gewesen sein. (Wie bescheiden der Wohnkomfort selbst in einem Pfarrhaus damals war, ist daraus zu ersehen, dass im gesamten Gebäude nur zwei Zimmer heizbar waren).

Mit der Wiederbesetzung der Kaplansstelle nach 65 Jahren ihrer Aufhebung, waren nicht nur eine Aufteilung der Arbeitsbereiche und der Zuständigkeiten festzulegen, es galt vielmehr auch die Besoldungsfragen zwischen dem Pfarrer und dem Kaplan zu klären. Beides wurde erschwert durch den Umstand, dass im 30-jährigen Krieg alle Unterlagen, die Auskunft hätten geben können, verloren gingen.

So waren nicht nur ein neuer „Geschäftsverteilungsplan“ auszuarbeiten, sondern auch die Verteilung der in Naturalien angesetzten Besoldung aus den Zehntabgaben vorzunehmen, wobei der Pfarrer den Teilungsmodus recht eigenmächtig festlegte. Er beanspruchte 2/3 der Einnahmen für sich und für den Kaplan waren nach seiner Meinung 1/3 ausreichend. Diese Aufteilung der Arbeit und der Einnahmen ging nicht ohne Schwierigkeiten vor sich. Es gab Meinungsverschiedenheiten, besonders auch bezüglich der vom Kaplan zu übernehmenden Aufgaben in der Arbeitsaufteilung, so dass selbst der Dekan versuchte zu vermitteln. Er bemühte sich, die ältesten Leute in Roßtal darüber zu befragen, wer wo und für was bis 1632 zuständig gewesen sei; aber so recht konnte niemand mehr Auskunft geben. Pfarrer Ernst Georg Schülin war, wie es sich auch in späteren Jahren noch öfters zeigen sollte, eine sehr eigenwillige Person, so dass der Kaplan in seiner Not schließlich beim Consistorium in Ansbach die strittigen Fragen seiner Besoldung und die seines Aufgabenbereiches vortragen musste.

Dem ersten Bewohner des neuerrichteten Hauses der „Caplaney“, Johann Strebel, war kein langes Leben beschieden. Er verstarb bereits am 14. April 1703 im Alter von erst 38 Jahren. Ein Jahr vor seinem Tode wurde ihm eine Tochter geboren.

Magister Ernst Georg Schülin, der auch in theologischen Fragen mit seinem jüngeren Kollegen nicht immer einer Meinung war, hat den Todesfall seines Kaplans im Sterbebuch wie folgt vermerkt:

„Dienstag den 17. Aprilis (1703) wurde beerdigt der wohlerwürdige, großachtbare und wohlgelahrte Herr Johann Strebel, Diacony bey hies. christl. Gemeinde und mein in Christo liebgewesener Collega“.

Viele Jahre später stiftete die Tochter des Kaplans, Philippina Sophia, sie war schon verheiratet, ihrem Vater eine Gedenktafel. Der Text gibt in der überschwänglichen Sprache des 18. Jahrhunderts die Gefühle der Tochter wieder, die ihrem Vater „dieses Denkmal der Liebe weihte“.

Die Tafel ist an der Südseite der Kirche links neben dem Eingang angebracht. Auf der rechten Seite ist das Epitaph des Magisters Ernst Georg Schülin zu sehen. Er überlebte seinen ersten Kaplan um 28 Jahre und starb 73-jährig im Jahre 1731 hier in Roßtal. Wie schon vermerkt, wurden die Geistlichen auf der zweiten Stelle erst, um die Jahre 1825 amtlicherseits nicht mehr als Kapläne bezeichnet. Aus der „Caplaney“ wurde die „zweite Pfarrstelle“ aber es vergingen wiederum Jahre bis auch in den Kirchenrechnungen der Pfarrei es sich durchsetzte, dass das Haus nun als „2. Pfarrhaus“ bezeichnet wurde. Das Haus könnte in seinem nun 300-jährigen Bestehen wohl manche Geschichte erzählen. So wurde z. B. der Nachfolger des so früh verstorbenen Johann Strebel im Jahre 1704 ein Kaplan Johann Balthasar Geyer der „pietistischen Schwärmerey“ verdächtigt und nahm im Kaplanshaus verfolgte „Schwärmer“ auf. Das Missfallen seines Pfarrers erregte er, weil er auf der Kanzel predigte „wie vom hl. Geist eingegeben“, eine einstudierte Predigt nannte er „Buchstäblerei“.

Diese religiöse Bewegung, damals von der Kirche nicht gutgeheißen, scheint auch in der hiesigen Gemeinde Anhänger gehabt zu haben und sie wurde besonders von den hier ansässigen Adeligen, darunter auch dem Schlossbesitzer von Furtenbach unterstützt. Das Verhältnis des Kaplans zum Pfarrer Ernst Georg Schülin war schließlich so belastet, dass der Kaplan 1723 Roßtal verlassen musste und die Pfarrei in Büchenbach bei Roth übernahm.

Seit dem Erstbezieher, dem Kaplan Johann Strebel, war das Haus bis heute von mehr als 25 Pfarrern bewohnt. Es sind allerdings auch jahrelange Unterbrechungen zu verzeichnen. So bereits 1726–1731, weiter im Jahre 1848–1850 und ebenso unbewohnt war es in den Jahren 1879–1882.

Damals bewarb sich für die Dauer der „Verwesung der Pfarrstelle“ ein Arzt um eine Wohnung im leerstehenden Pfarrhaus. Es kam allerdings nicht zu einer Vermietung. Wie bei allen Jahrhunderte alten Bauwerken, besonders aber bei Fachwerkgebäuden, sind die Erhaltung und die jeweils zeitgerechte Ausstattung mit Ver- und Entsorgungseinrichtungen bautechnisch und finanziell besonders aufwendig.

Über die Jahrhunderte hinweg ist sorgsam darauf geachtet worden, dass die äußeren und inneren baulichen Gegebenheiten weitmöglichst erhalten blieben.

Immer wieder wird in den Kirchenrechnungen von Instandsetzungsarbeiten und teilweise großen Renovierungen berichtet und die letzte Überholung, die auch dem Fachwerk und den Ausfachungen galt, ist erst vor einigen Jahren, im Oktober 1996, zu Ende geführt worden. Leider sind aus den Kirchenrechnungen der Jahre 1698/99 nur die Herstellungskosten des Kaplanshauses ersichtlich. Diese sind zwar aufgegliedert nach den verschiedenen Handwerkern, aber sie nennen nicht die Namen der Handwerksmeister.

Haus der Caplaney - genastetes Andreaskreuz

Dem Magister Ernst Georg Schülin lag diese Tätigkeit der Buchführung offenbar nicht sonderlich, wie es die Kirchenrechnungen in den ersten Jahren seiner Amtsführung zeigen. Da keine Ausgaben für einen Baumeister aufgeführt sind, war der Planfertiger des Hauses höchstwahrscheinlich ein Zimmermann. Ob es ein hier ansässiger Meister oder, manches deutet darauf hin, einer aus dem westlichen Franken war, der das Zierfachwerk der „genasten Andreaskreuze“ an der Vorderfront des Hauses schuf, wird wohl für immer unbekannt bleiben.

Das unter Denkmalsschutz stehende sich als Schmuckstück zeigende Fachwerkhaus ist jedenfalls der Beweis für ein bemerkenswertes und solides handwerkliches Können.

Literatur:

1 Ursula Pfistermeister: Fachwerk in Franken, S. 23, Verlag Hans Carl, Nbg. 1993

Quellen:

Archiv der Evang.-Luth. Pfarrei St. Laurentius in Roßtal Akten Nr. 90/96/206/219, sowie Matrikelbücher aus den genannten Jahren

Quelle: Alfred Steinheimer, St.-Laurentius-Kirche zu Roßtal, Roßtal 2001, S. 42 ff.

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