Archäologischer Rundweg - Station 3b

PflanzenEine Klostergründung in Roßtal?

Verschiedene Fakten sprechen dafür, dass in Roßtal ein Kloster entstehen sollte. Der Klostergarten dient als sichtbarer Hinweis dieses Vorhabens. 

 

Klostermedizin 

Das medizinische Wissen der Klöster basierte im wesentlichen auf den Erkenntnissen der Antike.

Diese Quellen waren auch für Walahfrid Strabo verfügbar.

Er betrachtete die Pflanzen des Hortulus, seines Gedichtes, im weitesten Sinne als Heilpflanzen. Diese Ansicht beruhte auf seinem botanischen und medizinischen Interesse und seiner Verantwortung als Abt. Zu dessen Pflichten gehörte vor allem die Sorge für Kranke und Schwache.

Walahfrid besaß sowohl für den Gartenbau als auch für den medizinischen Bereich praktische Erfahrung. So können nahezu alle Pflanzen bei uns angebaut werden. Nur die Honigmelone wurde durch das Eisenkraut ersetzt.

 

Ein karolingischer Klostergarten

Der Klostergarten wurde nach einem Gedicht aus dem 9. Jahrhundert angelegt. Verfasst hat es Walahfrid Strabo, der zwischen 838 und 849 Abt der Reichenau war. In diesem Garten sind das damalige Wissen über Pflanzen und die Vorstellungswelt des frühen Mittelalters vereinigt.

 

Klostergarten

 

Plan des Hortulus von Walahfrid Strabo mit der von ihm vorgegebenen Bepflanzung.

 

Die Ambrosia ist heute nicht mehr eindeutig bestimmbar. Da es sich hierbei sowohl um die Schafgarbe als auch um den Rainfarn handeln könnte, wurde das betreffende Beet in Roßtal mit beiden Pflanzen besetzt. Die beiden Hauptwege des Gartens (rot) bilden ein lateinisches Kreuz. An dessen oberem Ende plazierte Walahfrid Lilien und Rosen.

 

Frühmittelalterliche Pflanzen- und Zahlensymbolik

PflanzenWährend Zahlen für den modernen Menschen nur mathematischen Wert haben, hatten sie im Mittelalter stets eine eigene Symbolik. Die Zahl galt als Zeichen einer von Gott gestifteten Wahrheit. So tauchen im Maßsystem des Gartens vielfach die Zahlen 3, 4, 6, 9 und 12 auf. In der christlichen Symbolik sind gerade sie von Bedeutung.

Die Abmessungen der Gartenanlage wurden nach dem damals üblichen karolingischen Fuß vorgenommen. Ein Fuß entspricht 33,32 cm.

Symbolischen Charakter besitzen auch die Pflanzen. Deren Bedeutung geht oft über die rein medizinische hinaus. Blickt man vom Osten des Gartens nach Westen, so befinden sich an dessen Ende Lilien und Rosen. Während die Lilie die „Himmelskönigin“ Maria und die Herrlichkeit Christi symbolisiert, steht die Rose als Sinnbild des Martyriums Christi und des Paradieses. Rose und Lilie befinden sich also bewußt in direkter Nachbarschaft.

 

Konzept, Text, graphische Gestaltung: Th. Liebert M.A.

 

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