Ausgangspunkt: Rio '92 und die Agenda 21

Ausgangspunkt für die Lokale Agenda 21 war die Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED) 1992 in Rio de Janeiro. Vertreter und Vertreterinnen von mehr als 170 Staaten hatten sich dort versammelt, um Maßnahmen gegen die zunehmende Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen und die wachsende soziale Kluft zwischen Nord und Süd zu beschließen. Hochgestecktes Ziel war eine „globale Partnerschaft, die auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet ist“.

 

Präambel der Agenda 21 (Auszug)

„Die Menschheit steht an einem entscheidenden Punkt ihrer Geschichte. Wir erleben eine zunehmende Ungleichheit zwischen den Völkern und innerhalb von Völkern, eine immer größere Armut, immer mehr Hunger, Krankheit und Analphabetentum sowie eine fortschreitende Schädigung der Ökosysteme, von denen unser Wohlergehen abhängt. Durch eine Vereinigung von Umwelt- und Entwicklungsinteressen und ihre stärkere Beachtung kann es uns jedoch gelingen, die Deckung der Grundbedürfnisse, die Verbesserung des Lebensstandards aller Menschen, einen größeren Schutz und eine bessere Bewirtschaftung der Ökosysteme und eine gesicherte, gedeihlichere Zukunft zu gewährleisten. Das vermag keine Nation allein zu erreichen, während es uns gemeinsam gelingen kann; in einer globalen Partnerschaft, die auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet ist“.
 

UNCED war nicht, wie gelegentlich zu hören ist, eine reine Umweltkonferenz. Ihre politische Bedeutung besteht gerade in der innovativen Verknüpfung der ökologischen und der sozialen Dimension von Entwicklung. Zugrunde liegt die Erkenntnis, daß weltweite Armut, Umweltzerstörung und die westlich geprägten Formen von Konsum und Produktion keine getrennten Phänomene sind, sondern sich wechselseitig beeinflussen und verstärken. Leitmotiv des in Rio in Gang gesetzten Prozesses ist ein ganzheitliches Konzept nachhaltiger Entwicklung, das ökologische, ökonomische, soziale und institutionelle Aspekte einschließt.

Dieses Konzept spiegelt sich auch in den Ergebnissen von UNCED wider. Neben der Rio-Deklaration, der Klimarahmenkonvention, der Konvention zum Schutz der biologischen Vielfalt und der Walderklärung gilt dies vor allem für die Agenda 21, das umwelt- und entwicklungspolitische Aktionsprogramm der Rio-Konferenz. In 40 Kapiteln wurden darin von den Regierungen die grundsätzlichen Ziele auf dem Weg zu einer weltweit nachhaltigen Entwicklung abgesteckt und konkrete Handlungsanweisungen formuliert. Sie richten sich sowohl an die globale, nationale und lokale Ebene als auch an die Institutionen des UN-Systems, die nationalen Regierungen und den nichtstaatlichen Sektor.

Die besondere Bedeutung, die die Regierungen in der Agenda 21 den wichtigen gesellschaftlichen Gruppen (im UN-Jargon den major groups) beimessen, ist eines der zentralen Ergebnisse von UNCED. Nichtregierungsorganisationen (NRO) berufen sich zunehmend auf die Aussagen der Agenda 21, wonach eine Grundvoraussetzung für nachhaltige Entwicklung die „umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit an der Entscheidungsfindung“ ist und sich dabei auch die „Notwendigkeit neuer Formen der Partizipation“ ergeben. Aber es sind nicht allein die NRO, deren Stärkung in der Agenda 21 propagiert wird. Das Aktionsprogramm befaßt sich in seinem dritten Teil mit insgesamt neun wichtigen gesellschaftliche Gruppen, darunter auch mit den Kommunen.

Das major-groups-Konzept der Agenda 21 ist freilich nicht unumstritten. Denn es stellt so unterschiedliche Bevölkerungsgruppen wie die indigenen Völker, Wissenschaftler, Umweltgruppen, Privatunternehmen und nicht zuletzt die Vertreter der Kommunen auf eine Stufe und abstrahiert von ihrer gesellschaftlichen Macht und den unterschiedlichen Eigeninteressen. Weitgehend unbestritten ist lediglich die Kernaussage des Konzeptes, daß Regierungen und internationale Organisationen allein nicht in der Lage sind, die umwelt- und entwicklungspolitischen Beschlüsse der Agenda 21 in die Tat umzusetzen.

 

Quelle: Forum Umwelt & Entwicklung: Lokale Agenda 21 - Ein Leitfaden, Bonn 1999

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