Der Wasserbrunnen am Oberen Markt in Roßtal

Pumpbrunnenquerschnitt

Im »Heimatbuch Roßtal« 1978/79, S 141, hat Hans Kreuzer die Einrichtung eines Pumpwerkes „in den Brunnen auf dem Berg“ im Jahre 1724 anhand von Protokollen und Rechnungen nachvollziehen können. Mit dem „Pumpwerk“ wurde damals der Brunnen am Marktplatz ausgestattet. Die Renovierung des zweiten Brunnens, am Anwesen Peipp, unweit des ersten Pfarrhauses, der im Jahre 1817 noch als Ziehbrunnen der Wasserversorgung diente, geschah letztmalig um 1900. Den Auftrag hierfür erhielt der Roßtaler Zimmermeister Fritz Wackersreuther. Aus den Erinnerungen und den vorhandenen Unterlagen seines Sohnes Otto und des nächstfolgenden Namensträgers Günther Wackersreuther, nun schon in der siebten Generation Zimmermeister und Treppenbauer. Letztgenannter bewahrt heute noch in Wernsbach bei Schwabach den vier Meter langen und acht bis zehn Zentimeter dicken Brunnenbohrer auf. So konnten die nachstehenden technischen Einzelheiten zusammengetragen werden:

Im Brunnen stecken sechs Rohre, je vier Meter lang, aus vierzig Zentimeter dicken Kiefernstämmen, denen die Rinde belassen wurde. Der Bohrlochdurchmesser beträgt ca. acht bis zehn Zentimeter. Die Stammenden sind mit schmiedeeisernen Ringen versehen und mit Konussen aufeinandergesteckt. An den Muffen haben sie einen kleinen Abstand, damit die angesaugte Wassersäule, jeweils vier Meter, gehalten wird. Die Arbeitsweise ist wie folgt: Beim Ziehen an der Zugstange nach unten, saugt der Holzzylinder, bei geschlossenem Ventil im Wasserrohr, das Wasser nach oben an. Dabei öffnen sich die alle vier Meter eingebauten Lederklappen (Ventile) und lassen das Wasser in den darüberliegenden Schaft steigen. Dieser Vorgang geschieht gleichzeitig an allen im Abstand von vier Metern eingebauten Lederventilklappen. Wird die Zugstange nach oben bewegt, drückt das schwerere Teil des auskragenden Pumpenscheites mit dem daranhängenden Holzzylinder nach unten. Bei diesem Vorgang öffnete sich die am Zylinder montierte Lederklappe mit Bleiauflage, wodurch bei geschlossenen Ventilen in den Rohrabschnitten soviel Wasser nach oben gelangt, wie durch den Zylinder verdrängt wird. Bei jeder Auf- und Abbewegung der Zugstange wiederholt sich dieser Vorgang, bis Wasser schließlich durch das fünf Zentimeter Durchmesser vorhandene Auslaufrohr in den Trog fließt. Aus den zeichnerischen Darstellungen sind die Vorgänge gut zu sehen.

Beide Brunnen haben schon lange ausgedient. Roßtal besitzt seit den Jahren 1928/29 eine zentrale Wasserversorgung. Dankbar sind wir den Bürgern, die im Jahre der Renovierung des Brunnens nicht der damals herrschenden Richtung folgten und die Holzbauweise durch eine gußeiserne Pumpenkonstruktion mit nachgeahmten Formen ersetzten und verunzierten. Es ist das Verdienst dieser Generation, daß der Nachwelt zwei technische Baudenkmäler an exponierter Stelle in Roßtal erhalten blieben.

Quelle: Konrad Hacker: Heimatbuch, S. 386 ff

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