Vom ehemaligen Horsadal zum heutigen Roßtal

– Ein geschichtlicher Grundriß –

Innerhalb der karolingischen Epoche des 8. und 9. Jahrhunderts dürfte es bereits zu der Entstehung eines Königshofes in Roßtal gekommen sein. Seine topographisch äußerst günstige Lage an der Wegkreuzung nach Clarsbach sowie seine indirekte Nähe zum uralten Völkerwanderungsweg im Buttendorfer Wald lassen den bereits chronikalisch früh in Würzburger Quellen erwähnten Schwalbenhof mit seiner Kapelle und seinen Wasserquellen als Königshof in engere Betrachtung ziehen. Wie das ebenfalls auf die fränkische Landnahme Karls des Großen zurückzuführende benachbarte Rohr, der sog. Emmeramsmark (um 800), war Roßtal schon in frühester Zeit Urpfarrei für die umliegenden Ortschaften.

Die handschriftlichen Quellen des Mönches Widukind von Corvey in seiner Sachsenchronik, der sog. „Res Gestae saxonicae“, dokumentieren erstmals Roßtals Eintritt in die europäische Geschichte: Im nur wenig entfernten Königshof cinna (Langenzenn) soll zwischen König Otto I. und seinem ihm feindlich gesinnten Sohn Liudolf am 16. Juni 954 Frieden geschlossen werden, worauf nach den gescheiterten Verhandlungen Liudolf noch in der Nacht nach Regensburg zieht. Der König setzt ihm tags darauf mit seinem Heer nach, doch ein mächtiges Kastell namens Horsadal (Roßtal) deckt den Rückzug Liudolfs. Es kommt zur „Schlacht, und einen bitteren Kampf um die Mauern hat kein Sterblicher je gesehen“ berichtet Widukind. Laut dieser zeitgenössischen Aussage konnten die Truppen Otto I. die auf einen langgestreckten Bergsporn (heute Kirchenbezirk, Oberer Markt) gelegene Burg nicht einnehmen.

Ihre Größe spiegelt sich neben der Bezeichnung Widukinds als „urbs“ (Stadt) auch in der räumlichen Ausdehnung von ca. 300 m in der Breite und ca. 200 m in der Tiefe wider. Wahrscheinlich dürfte die schwache südliche Flanke der urbs, also von der heutigen Wegbrücke aus gesehen, als besonderer Angriffspunkt Ottos gedient haben. Hier verläuft das Gelände im Gegensatz zu der stark abfallenden Bergkante in der Art einer Rampe. Daneben konzentrieren sich besonders in diesem Bereich die archäologischen Funde über die damalige kriegstechnische Bewaffnung wie Wurfäxte, Pfeilspitzen und Messerklingen. Die schon in den siebziger Jahren und erst jüngst durch das Landesamt für Denkmalpflege durchgeführten Ausgrabungen ergaben, daß das Plateau von einem Ringwall umgeben war. Dieser bestand aus rohen Sandsteinbrocken, die zusätzlich durch Holzbohlen genügend versteift und zur Angriffsseite mit mehrschichtigen Steinlagen armiert waren. Innerhalb der Schutzkonstruktion bestand die Siedlungsbebauung der "urbs quae dicitur Horsadal" vorrangig aus strohbedeckten Häusern in einer leichten Bauweise mittels Holzpfosten.

Im Zentrum des gesamten Areals dürfte der Heerführer seinen Sitz gehabt haben, wozu in der Regel auch eine kleine Andachtsstätte gehörte. An dieser Stelle gründete Irmingard von Hammerstein gegen Ende der ottonischen und bereits in die frühsalische Phase übergreifend, also im 1. Viertel des 11. Jahrhunderts, einen Kirchenbezirk mit der Kirche St. Laurentius. Noch in unseren Tagen atmet die Kirche den Geist und die Große einer längst vergessenen Epoche. Die ursprünglich romanische sieben- oder achtjochige Pfeilerbasilika beherbergt unter ihrem Chor eine fünfschiffige Hallenkrypta, deren Pyramidenstumpfkapitelle stilgenetisch auf den byzantinisch-ottonischen KuIturaustausch zurückzuführen sind. Das einstige Hochgrab mit Ziborium der Stifterin in der Mittelachse des Langhauses, das durch Veit Arnpeck und Georg Bruschius in Reiseberichten des 15. und 16. Jahrhunderts beschrieben und mit dem Hochgrab des Bamberger Domes verglichen wird, übersteht den großen Brand im Jahre 1627 nicht.

Mit der Gründung der späteren Freien Reichsstadt Nürnberg 1040 verliert Roßtal an Bedeutung. In die Zeit des Hochmittelalters fällt auch die Ansiedlung von ritterlichen Ministerialen, wie jene Herren von Buttendorf und jene Ritter von Heideck, den Besitzern des noch vor 1295 ursprünglichen Schloßgutes am Oberen Markt.

1328 erhält Roßtal von Kaiser Ludwig dem Bayern die Stadt- und Marktrechte sowie die hohe Gerichtsbarkeit verliehen Als repräsentatives Wahrzeichen des 64 Ortschaften umfassenden Fraischbezirkes Roßtal gilt nun der auf einer Anhöhe am südlichen Ortsrand gelegene Richtplatz mit einem kreisförmigen Rabenstein und Galgengerüst. 1988 findet man bei einer archäologischen Grabung durch das Archiv Roßtal einen im Zentrum des Richtkreises enthaupteten Delinquenten.

1379 verkauft Burggraf Friedrich V. das Roßtaler Stadtgericht an die Nürnberger Ulrich Haller und Konrad Prünster. 1420 wandelt es Peter Haller in ein Ehaftgericht um. Erst 1445 kommt es durch Albrecht Achilles wieder unter markgräflich-ansbacher Regie und 1465 wird das Roßtaler Richtamt dem Oberamt Cadolzburg einverleibt.

Im 15. Jahrhundert peinigt die Pest die Roßtaler Bevölkerung. Mit der Einführung der Reformation im Markgrafentum durch Markgraf Georg den Frommen (1527-1543) tritt Roßtal zum prostestantischen Glauben über. Am 5. März 1580 erhält der Ort seine erste Gemeindeordnung, in der die Rechte der Bauern festgelegt sind. Der Dreißigjährige Krieg (1618–1648) hinterlaßt deutliche Spuren, die Soldateska brandschatzen allein 21 Höfe und Güter, 1644 werden diese als „öd“ bezeichnet.

Am 5. Januar 1792 wird Roßtal preußisch, da der kinderlos gebliebene Markgraf Alexander von Ansbach-Bayreuth seine Fürstentümer an seinen Vetter, König Friedrich Wilhelm II. von Preußen abtritt. Mit der französischen Revolution und den daraus entwachsenen napoleonischen Kriegen findet eine Umstrukturierung der deutschen Landgebiete statt. Am 15. Dezember 1805 verlangt Kaiser Napoleon im Vertrag von Schönbrunn die Abtretung der Provinz Ansbach, dafür sollte Preußen das Kurfürstentum Hannover erhalten. Anfang des Jahres 1806 besetzt der französische General Bernadotte das Ansbacher Gebiet. Auch in Roßtal sind französische Truppen untergebracht. Am 15. März 1806 wird Roßtal bayrisch, da das Königreich Bayern als Mitglied des Rheinbundes der süddeutschen Staaten das Protektorat Napoleons akzeptiert und die Region Ansbach nun als Belohnung erhält. Im Zuge des neuen bayerischen Gemeindeordnungserlasses erhält Roßtal eine magistralische Verfassung, in der auch die Rechte der Gerichtsbarkeit (Roßtaler Kriminalgericht) fixiert sind. 1821 tritt Roßtal seine Stadtrechte aus fiskalischen Gründen ab. 1827 wird durch den königlichen Revisor Rammler der Ort "Markt Rosstall" in dem noch heute geltenden Uraufnahmeortsplan neu vermessen. 1830 erfolgt die Roßtaler Jagdgesetzordnung und 1831 eine tabellarische Beschreibung der aufgestellten Acker, Wiesen und Wälder. Die bereits im 18. Jahrhundert erstellte Ansbacher Feuerordnung wird 1837 offiziell für Roßtal eingeführt und bildet noch heute die Grundlage zur Brandverhütung für die Roßtaler Feuerwehr.

Roßtals Anschluß an das Zeitalter der Technik findet mit der Errichtung der Eisenbahnstrecke Nürnberg-Ansbach im Jahre 1872 statt. 1910 erhält Roßtal elektrisches Licht. Während des Zweiten Weltkrieges bleibt Roßtal weitgehend verschont und bildet daher Zufluchtsort ausgebombter Großstädter und nach dem Krieg Heimat vieler Flüchtlinge aus dem Osten.

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